ET VOICI bei natureOffice Projekt Togo

05.10.2022 / Kpalimé / Togo / Synergie. Syntropie. Sympathie. So oder ähnlich lautet der Dreiklang, den natureOffice beim ET VOICI Besuch in Togo anschlägt.

Synergie, weil das Togo- Projekt trotz unterschiedlicher Module von A wie Aufforstung und Alphabetisierung über S wie Schafe bis Z wie Zukunft konsequent in Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Armutsbekämpfung einzahlt. Die Modul-Zahnräder greifen nahtlos ineinander und verstärken sich gegenseitig. Syntropie, weil natureOffice die Theorie der syntropischen Land- und Forstwirtschaft im Togo-Projekt mit viel Konsequenz in die Praxis umsetzt. Sympathie, weil alle im Team sehr freundlich sind, gut erklären und ihre Sache authentisch vertreten.

How 2: Tobias Liemersdorf erklärt die Prinzipien der syntropischen Aufforstung

Erklären ist wichtig, denn syntropische Land- und Forstwirtschaft ist längst noch nicht überall auf dem Schirm und damit Zukunftsmusik, womit der Dreiklang mit Symphonie zum Vierklang wird.

A wie Anfang: Unsere Reise führt uns vom nördlichen Parakou über Dassa und Bohicon zum grenznah gelegenen Abomey. Die meiste Zeit am Steuer, Sylvain DJAGBO, diesmal nicht als Business-Coach und Startup-Berater, sondern als Honda-Pilot.

Endlich, nach aufwändigem Grenzprotokoll, betreten wir togolesischen Boden. Nach zwei Stunden Nacht-Fahrt Ankunft in Kpalimé. Herzlicher Empfang für uns und die mitreisenden Kampfhühner, ein Jung-Hahn und zwei Hennen.

Projektleiter Tobias Liemersdorf gibt uns einen kurzen Überblick über das am nächsten Tag geplante Programm. Die Unterbringung erfolgt in einer künstlerisch angehauchten Herberge – der Erbauer soll ein Deutscher gewesen sein. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Togo sind etwas Besonderes. Deutsche werden hier gemocht.

Nach einem gemeinsamen Frühstück schlagen wir nach 30-minütiger Fahrt über holprige Schotterpiste bei der angegliederten Frauen-Kooperative auf.

Die Frauen sind mit der Herstellung von Kluiklui (so heißen die als Snack beliebten Stangen in Bénin), einem Erdnuss-Dauergebäck, beschäftigt. Das Gebäck wird auf einem speziell entwickelten, energiesparenden Lehmofen frittiert.

Die Öfen haben noch einen weiteren Vorteil: Der bei der Verbrennung entstehende Rauch wird nach außen abgeführt, statt in der Raumluft zu schweben und Atemwegserkrankungen hervorzurufen.

Tobias Liemersdorf und Forst-Experte Saka Mora machen uns mit den sonstigen  Produkten der Kooperative und deren Herstellungsweise bekannt: Shea-Butter, kosmetisches Öl, Rotes Palmöl und Feueranzünder. Hier werden praktisch keine Abfälle produziert und jeder Residualstoff ist noch zu etwas gut.

Die Frauenkooperative nutzt die beiden Energiesparöfen für sämtliche Zubereitungen

Auf dem Weg ins Dorf machen wir kurz an der von natureOffice wieder aufgebauten Schule halt. Dort finden regelmäßig Alphabetisierungskurse und Unterricht in Grundrechenarten statt: Die Idee dazu kam von der Kooperative – keine Buchhaltung und Sitzungsprotokolle ohne Grundkenntnisse im Schreiben und Rechnen!

Lesen. Schreiben. Rechnen. Erwachsenenbildung für die Frauen der Kooperative im Dorf

Schließlich begrüßen uns Dorfchef und Gefolge. Der seit acht Jahren im Projekt mitarbeitende Förster und der Tierarzt stoßen dazu. Letzterer betreut die Projekt-Schafe, hat jetzt aber viele Fragen zu den Kampfhühnern – das Thema kommt hier gut an.

Förster und Tobias Liemersdorf führen uns zum syntropischen Land- und Forstwirtschafts-Gelände. Bei der Anlage handelt es sich wahrscheinlich um die erste dieser Art in Togo und der Region. Hier ist unstrittig, welche Innovation gemeint ist, und dass nicht nur ein Problem durch ein anderes ausgetauscht wird. Wie es zum Beispiel der Fall ist, wenn die landwirtschaftliche Produktivität vordergründig gesteigert wird, aber die Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt, auf Wasser, Boden usw. nicht in die Rechnung mit eingehen.

Projekt Togo bietet Raum für studentische Forschung und Abschlussarbeiten

Das Gute an der syntropischen Land- und Forstwirtschaft: Es handelt sich um ein ganzheitliches System, das wirtschaftliche und ökologisch-klimatische Positionen nicht länger gegeneinander ausspielt, sondern bündelt und auf nachhaltige Ziele lenkt. Das Prinzip ist eigentlich ganz einfach: Vorbild sind die Mechanismen des tropischen Naturwaldes, sie werden nur zusätzlich systematisiert, beschleunigt und auf Nutzpflanzen wie z. B. Kaffee oder Kakao erweitert.

WIKIFARMER:

Die syntropische Landwirtschaft ist eine Form der regenerativen Landwirtschaft, die das Ökosystem des Regenwaldes nachahmt. Stellen Sie sich einen Regenwald im Amazonasgebiet vor: Hunderte verschiedene Pflanzenarten leben hier harmonisch und auf sehr dichtem Raum zusammen. Diese Arten benötigen unterschiedlich viel Licht. Die hohen Bäume absorbieren das Sonnenlicht und spenden anderen Arten Schatten. Infolgedessen gibt es Tausende verschiedener Pflanzen, die das ganze Jahr über Früchte ausbilden (nicht nur im Frühjahr und im Herbst) und an jedem Tag des Jahres Nahrung für unzählige Arten bieten. …

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Toll, so etwas nicht nur im Internet nachzulesen, sondern hautnah zu erleben.

Danach geht es zu den Schafen. Die Schafe haben zwei Aufgaben. Erstens helfen sie, per Begrasung die Bewuchsschneise um den später noch zu besuchenden Schutzwald zu erhalten. Zweitens stellen sie eine Beschaffungsalternative für Fleisch dar.

1000 ha Wald: Kein Feuer. Keine Jagd. Keine Kühe im Wald. Kein Bäume fällen.

In der Vergangenheit hatten die Dorfbewohner regelmäßig Flächen in Brand gesetzt, um Wild vor die Flinten der Jäger zu treiben. Feuer und Waldschutz sind aber nicht vereinbar – darum Hammel- statt Buschfleisch.

Die Maßnahme wirkt: Immer häufiger lassen sich Affen und anderes Getier im Wald blicken.

Der Wald ist ca. 1000 Hektar groß, besteht aus Baum-Altbeständen und neugepflanzten Bäumen. Zwischen den Bäumen sind Kakao- und Kaffeepflanzen angesiedelt.

Die Idee dahinter: Der Wald soll auch wirtschaftlichen Nutzen liefern. Das verbessert die Aussicht auf seinen Schutz, wenn er in dreißig Jahren wieder an seine ursprünglichen Besitzer zurückgeht.

Für Forsterträge der besonderen Art sorgen auch zig Tausende von Bienen, die in 200 über die Waldfläche verteilten Stöcken edelsten Bio-Waldhonig produzieren. Der Output lag im letzten Jahr bei 200 Litern und soll mittelfristig noch einmal verfünffacht werden. Eine Bio-Zertifizierung besteht bereits: Konventionell produzierende Agrarbetriebe sind mehrere Kilometer weit entfernt, und hier greift niemand zu Giftspritze oder Kunstdünger. Lebensmitteltechnische Analysen bescheinigen dem Honig eine herausragende Qualität.

Zum Abschluss Come-together an der Baumschule. Dort werden die alternativ zur Direktsaat zur Aufforstung vorbereiteten Setzlinge gezogen. Auf der Rückfahrt nach Kpalime gießt es in Strömen, und wir haben Probleme, einen mit gebrochener Achse liegengebliebenen Transporter zu passieren. Aber alles geht am Ende gut. Auch das ist Afrika.

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